Presseerklärung – Für die Abschaffung des Hochschulrats

Presseerklärung der Fachschaftsräte Bildungs- und Erziehungswissenschaft und Lehramt an der Uni Hamburg vom 8.7.2009:

Für die Abschaffung des Hochschulrats

Die Uni ist kein Unternehmen und muss demokratisch verfasst sein. Die Einrichtung eines von außen eingesetzten Gremiums, das gleichzeitig höchste Entscheidungsbefugnisse hat, widerspricht der demokratischen Verfassung der Freiheit von Forschung und Lehre.

Anlässlich der öffentlichen Diskussion um die aktuelle Krise der Hamburger Uni hat die regierungsbeteiligte GAL nun eingelenkt und vorgeschlagen, dass es einen neuen inneruniversitären Verständigungsprozess darüber geben soll, wie sich die Mitglieder der Hochschule eigentlich eine sinnvolle Struktur und Entwicklung ihrer Einrichtung vorstellen. Das Ergebnis solle dann in ein neues Gesetz einfließen.

Wenn also jetzt nach dem Abflug von Auweter-Kurtz das bestehende Hochschulgesetz evaluiert und einer kritischen Revision unterzogen werden soll, dann muss eine der Folgerungen sein, den Hochschulrat aufzulösen und die Entscheidungen über die Hochschule ihren Mitgliedern und den demokratisch gewählten Gremien zu übertragen.

Hochschulräte, in manchen Bundesländern auch Aufsichtsräte genannt, sind neuartige Mittel der Hochschuladministration. Sie operieren jenseits der akademischen Selbstverwaltung, sind nicht demokratisch legitimiert und auch keinem demokratischen Gremium Rechenschaft pflichtig. Mittels dieses Modells soll eine Struktur der Hochschulleitung etabliert werden, die am Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften orientiert ist, die Uni wie ein Unternehmen steuert und in der Logik von (inter-)nationaler Konkurrenz im Standortwettbewerb statt Kooperation und gemeinsamer Entwicklung funktioniert. Entscheidend sei nicht, was gesellschaftlich relevant ist sondern was sich rechnet.

Die Einführung dieser Gremien wurde besonders vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) der Bertelsmann-Stiftung betrieben, das als Think Tank seit seiner Gründung zunehmenden Einfluss auf die Entwicklung der Bildungspolitik genommen hat. Das vom CHE formulierte Konzept der „unternehmerischen Hochschule“ ist im Wesentlichen auf den Kriterien „Wettbewerb“, „Effizienz“ und „Praxisrelevanz“ (also Verwertbarkeit) gegründet und zielt darauf ab, diese Kriterien zur Grundlage der Arbeit an den Hochschulen zu machen.

Der Hochschulrat an der Uni Hamburg
Die Hochschulräte an den Hamburger Unis wurden im Winter 2003 auf Betreiben des damaligen Wissenschaftssenators Jörg Dräger im Zuge der Einführung des Hochschulmodernisierungsgesetzes eingesetzt. (Der gleiche Herr Dräger wechselte übrigens nach dem Ende seiner Amtszeit in Hamburg postwendend in den Vorstand der Bertelsmann Stiftung und wurde Geschäftsführer des CHE ) Das ursprünglich als rein externes, mit Unternehmensvertretern geplante Gremium ist wegen starker Kritik aus der Uni schließlich auch mit VertreterInnen aus Wissenschaft und Kultur besetzt worden. Der Dominanz der Unternehmensinteressen hat das jedoch keinen Abbruch getan.

Seitdem haben die Hochschulräte umfassende Kompetenzen erhalten. Sie sind z.B. mit der Einsetzung der Uni-Präsidentin und des Kanzlers, der Beschlussfassung über grundsätzliche Strukturfragen der Hochschule, mit der Qualitätsbewertung von Lehre und Studium und der Festlegung der finanziellen Ausstattung der Hochschule betraut worden.

Zur Zeit sind vom Hamburger Senat bestimmte Mitglieder des Gremiums z.B. Johann C. Lindenberg, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung der Unilever Deutschland GmbH und Dr. Harald Vogelsang, Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse AG (HASPA) und der Finanzholding der HASPA, Mitglied im Plenum der Handelskammer Hamburg.

Wir fordern die Mitglieder des Hochschulrats zum Rücktritt und den Hamburger Senat zur Abschaffung des Gremiums auf.

Die – auch institutionellen – Beteiligungsmöglichkeiten der Hochschulmitglieder an der Entwicklung und Zielbestimmung der Universität müssen wieder gestärkt werden. Hier ist insbesondere der im Zusammenhang mit der Grundordnungsdebatte gefasste Plan eines Hochschulkonvents aufzugreifen.

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