Für den Erlass der Modulabschlussprüfungen im Sommersemester 2020

In der Sitzung des Fakultätsausschuss für Lehre, Studium und Studienreform der Fakultät Erziehungswissenschaft am 25.03.2020 wurde auf Antrag der studentischen und der Mittelbau-Vertreter*innen folgender Antrag behandelt und mehrheitlich beschlossen:
Der Fakultätsausschuss für Lehre, Studium und Studienreform regt an, dass von Dekanat und Fakultätsrat beschlossen werden möge, die Modulabschlussprüfungen, die regulär mit den im Sommersemester 2020 angebotenen Veranstaltungen verbunden wären, zu erlassen.

Gleichzeitig möge dem Präsidium und den anderen Fakultäten empfohlen werden, ebenfalls eine solche Regelung zu beschließen.

Hilfsweise mögen alle Modulabschlussprüfungen im Sommersemester als unbenotete Prüfungen stattfinden.  

Begründung:
Wir beziehen uns mit diesem Antrag auf den Impuls, der jüngst von dem Offenen Brief, der für das Sommersemester ein „Nicht-Semester“ fordert, ausging, der am vergangenen Sonntag von mehreren Hundert Lehrenden unterzeichnet wurde (siehe unten).

Die aktuelle Ausnahmesituation, die u.a. mit der Schließung aller Bibliotheken und der Verkürzung der Vorlesungszeit einhergeht, stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten.

Der zusätzliche Umstand, dass viele Studierende ihre Jobs durch die Lockdown-Maßnahmen verloren haben, trägt ebenfalls zu einer angespannten sozialen Lage dar.

Um die zur Verfügung stehende Zeit im kommenden Sommersemester möglichst sinnvoll für das Ermöglichen gemeinsamer Bildungsprozesse zu nutzen, wäre es hilfreich, wenn die Hausarbeiten oder mündlichen Prüfungen, die mit Lehrveranstaltungen im Sommersemester verbunden sind, entfallen würden.

Zudem sind verschiedene Modulabschlussprüfungen aus dem Wintersemester 2019/2020 noch offen oder mussten aufgrund der Schließung der Universität auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Sie sollten nicht zur Doppelbelastung werden, sondern im Laufe des Sommersemesters nachgeholt werden können.

Offener Brief: „Das Sommersemester muss ein Nicht-Semester werden“

Die überaus dynamische und damit unwägbare, besorgniserregende Entwicklung der COVID-19-Pandemie betrifft uns alle, als Gesellschaft und als Individuen. Unser Alltag, auch und gerade die Arbeit als Forschende und Lehrende wird davon massiv tangiert – auf Weisen, die von niemandem zuverlässig eingeschätzt werden können, weder zeitlich noch qualitativ. Universitäten, Hochschulen und Akademien sind nun als (virtueller) Raum gefragt, in dem der Bildungs- und Forschungsauftrag weiterhin verfolgt wird, der Reflexion und Diskussion gestattet, einen Grad an Normalität herstellt sowie notwendige Ressourcen für Forschung und Lehre bereithält. Aber die Hochschulen müssen auf den überstürzten Takt der öffentlichen Entwicklungen und Maßnahmen mit Entschleunigung reagieren (können). Daher rufen wir dazu auf, das Sommersemester 2020 nicht als ‘business as usual’ laufen zu lassen.

Wenn wir als Lehrende konstruktiv und im Sinne der Studierenden agieren wollen, kann es nicht darum gehen, so schnell wie möglich den Status quo des herkömmlichen Lehr- und Prüfungssystems online wiederherzustellen. Wir meinen: Die Lehre im Sommersemester soll stattfinden, aber das Semester soll nicht formal zählen. Studierenden, die keine Studienleistungen erbringen können, dürfen keine Nachteile entstehen. Der erhöhte organisatorische und kommunikative Aufwand für alle Beteiligten muss unbedingt berücksichtigt werden. Im Besonderen gilt:

•    Weder Lehrende noch Studierende sind in den meisten Fällen mit den Methoden und Tools des E-Learning hinreichend vertraut. Präsenzlehre lässt sich nicht umstandslos ins Internet verlagern. Je nach Disziplin, Thema, Lernzielen gestaltet sich die Online-Lehre spezifisch. Pauschale Lösungen gibt es nicht. Das bedeutet zusätzlichen Aufwand für Lehrende und Verwaltung.
•    Lehrende, Studierende und Verwaltung bzw. zentrale Dienste (auch EDV!) stehen vor der Herausforderung, Care-Tätigkeiten (Kinderbetreuung, Pflege, Homeschooling) in völlig neuem Umfang parallel zum Unialltag zu schultern.
•    Viele Studierende haben ihre Jobs verloren, auf die sie jedoch angewiesen sind. Alternativen (z.B. Erntehilfe, Fahrdienste, Supermarkt-Logistik) sind zeitaufwändig und schlecht bezahlt. Sie müssen zudem in kurzer Zeit neu organisiert werden.
•    Die technische Infrastruktur und die notwendigen Ressourcen sind vielfach weggebrochen. Universitäts- und weitere einschlägige Bibliotheken sind geschlossen, Computerpools unzugänglich, Laptopverleih durch die Rechenzentren nicht länger möglich, Internetzugang durch die Hochschulen (und im öffentlichen Raum) unmöglich oder stark eingeschränkt, Räumlichkeiten nicht betretbar. Von diesen Einschränkungen sind vor allem sozial schwache Studierende betroffen.
•    Schon jetzt sind technische Infrastrukturen überlastet, was sich etwa an Online-Plattformen für die Schule beobachten lässt (zB ‘Mebis’ in Bayern). Eine einwandfreie zuverlässige, auch justiziable Verwendung kann womöglich nicht garantiert werden.
•    Die Prüfungsleistungen aus dem Wintersemester waren größtenteils noch nicht abgeschlossen, als die Universitäten und Bibliotheken schlossen. Das Sommersemester sollte genutzt werden, um diese Arbeiten fertigzustellen.

Wir appellieren an die Universitäten, Hochschulen, Akademien und Ministerien, alle Studiengänge zu entlasten, nicht nur solche, die auf Laborzeiten angewiesen sind. Abgesehen von einer Anpassung von BaFöG- und Regelstudiumsauflagen muss ein klares Signal an Studierende und Lehrende gesendet werden, dass die Institutionen sich der außerordentlichen Situation voll bewusst sind. Das Sommersemester sollte deshalb mit deutlich veränderten Lehrformaten und unter Aussetzung strenger Deputatsberechnungen stattfinden. Zu denken wäre etwa an eine deutliche Reduktion für Lehrende auf Hochdeputatsstellen. Befristet beschäftigten Mitarbeiter*innen sollte nach dem Vorbild der Regelung, die die DFG für Doktorand*innen in Graduiertenkollegs getroffen hat, eine Verlängerung des Vertrages um mindestens ein Semester angeboten werden. Lehraufträge müssen aufrechterhalten werden, denn sie sind existenzsichernd. Als Lehrende und Forschende arbeiten wir nach Möglichkeit an diesen Lösungen mit.

Die solidarische Bewältigung der COVID-19-Pandemie hat oberste Priorität. Ein Semester kann warten.
(Quelle und Liste der Unterzeichner*innen: www.nichtsemester.de/cbxpetition/offener-brief/)

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