Bericht: Exzellenzinitiative
Aus der Tageszeitung „junge Welt“ haben wir einen Artikel zur Exzellenzinitiative abgeschrieben, den ihr hier lesen könnt:
Kein bisschen ergebnisoffen
Imboden-Kommission stellt heute Bericht zur Exzellenzinitiative vor. Fest steht: Hochschulwettstreit um Geld und Ruhm geht weiter
Spannend geht anders. Wenn am heutigen Freitag die sogenannte Imboden-Kommission verkündet, wie sie es mit der »Exzellenzinitiative zur Förderung von Spitzenforschung« hält, wird es keine echte Überraschung geben. Eine andere Empfehlung als die, den Uniwettstreit um Extramillionen über das Jahr 2017 weiterzuführen, erscheint schlicht abwegig. Und selbst für den Fall des Undenkbaren hat die Politik vorgesorgt. Bund und Länder hatten bereits im Herbst 2014 eine Fortsetzung des Programms für die kommenden zehn Jahre per Grundsatzbeschluss festgemacht. Das war gerade einmal einen Monat nach der Berufung des internationalen Expertenteams um den Schweizer Umweltphysiker Dieter Imboden, dessen Auftrag lautete, das Projekt und seine Auswirkungen auf das Wissenschaftssystem zu begutachten.
Weil nie der geringste Zweifel bestand, dass die Fachleute ihren Segen erteilen, musste man deren Votum auch nicht abwarten. Garant dafür war und ist an erster Stelle Oberprüfer Imboden, der so etwas wie Unabhängigkeit oder Distanz zum Untersuchungsgegenstand nicht einmal vorzugeben versucht. Bei seiner Inthronisierung outete er sich freiheraus als großer Fan der Exzellenzinitiative und schwärmte über einen »Leuchtturm in der Wissenschaftsgeschichte der letzten zehn Jahre«. Wie will so ein Mann ergebnisoffen evaluieren?
Der Schweizer ist selbst so etwas wie die Verkörperung des »Elitekonzepts«. Er lehrt an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und damit an einer der prestigeträchtigsten Universitäten in Europa. Er ist dazu Aufsichtsratsvorsitzender des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und stand bis 2012 dem Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) vor. Die private Stiftung macht in der Alpenrepublik das, was hierzulande die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wissenschaftsrat im Rahmen der Exzellenzinitiative erledigen: Sie verteilt Geld an Forschungsprojekte und -einrichtungen in staatlichem Auftrag.
Und so soll es weitergehen. Mindestens vier Milliarden Euro wollen Bund und Länder von 2018 bis 2028 in der dann dritten Runde für besonders »forschungsstarke« Hochschulen ausschütten. Eine Milliarde zusätzlich soll es für »bessere Karrierewege junger Wissenschaftler« geben. Darauf haben sich die Spitzen der Regierungsfraktionen von Union und SPD bereits im April 2015 geeinigt. Differenzen bestehen noch darin, wie die Anschlussförderung konkret aussehen soll: Die SPD wünscht sich eine breitere Streuung der Gelder auf mehr Unis, mithin auch Fachhochschulen und plädiert zudem für eine Berücksichtigung der Hochschullehre. Die Union will die Mittel lieber so einsetzen, dass ein paar wenige exklusive Standorte ihre Ausnahmestellung weiter ausbauen können.
Derzeit tragen elf Hochschulen das Label »Eliteuniversität«, das sie sich mit einem »Zukunftskonzept«, also einer Art Masterplan für fünf Jahre, verdient haben. Aber es könnten gerne weniger und dann solche mit »Weltklasseniveau« sein, findet auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). »Ich bin für Leuchttürme in der Spitzenforschung. Es hat sich seit Beginn der Exzellenzinitiative bewährt, wirklich Exzellenz zu fördern«, hatte sie am Dienstag geäußert. Albert Rupprecht (CSU) liebäugelt gar mit nur »vier bis fünf Unis«, die jährlich 20 Millionen Euro extra einstreichen sollten. Der SPD schwebt dagegen die Prämierung mehrerer Hochschulen in Gestalt von regionalen Verbünden vor. Am Grundsatz einer hierarchischen Hochschullandschaft, in der einzelne Einrichtungen den großen Rest ins Abseits stellen, rütteln aber auch die Sozialdemokraten nicht.
Anders Die Linke im Bundestag. Deren hochschulpolitische Sprecherin Nicole Gohlke verlangte am Mittwoch in einer Erklärung eine »ehrliche und kritische Auseinandersetzung« mit den Ergebnissen der Imboden-Kommission und den Dialog mit denjenigen Institutionen, die bislang nicht profitiert hätten. Die Hochschulfinanzierung müsse der »Spaltung in strukturstarke und strukturschwache Regionen und dem Auseinanderdriften der Hochschullandschaft« entgegenwirken und langfristige Anreize setzen, »um exzellente Lehre und gute Beschäftigungsverhältnisse sicherzustellen«.
Für »Chefexperte« Imboden läuft so etwas unter politischer Einmischung. Die Politik solle zwar im Grundsatz die Weichen stellen, sich »aus den Gestaltungsdetails (…) dagegen nach Möglichkeit völlig heraushalten«, zitierte ihn am Dienstag die Mittelbayerische Zeitung. Ähnlich hatte ihn die Onlineausgabe der Wirtschaftswoche vom Montag wiedergegeben und das als Warnung vor einer »Verwässerung des Hochschulwettbewerbs« ausgelegt. Das könnte passen: Je weniger Wasser, desto höher die Konzentration.